Der Segler

Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer“, riet einst der französische Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry. Bei Stefan ist diese Botschaft schon lange angekommen und fester, salzwassergetränkter Bestandteil seiner Lebens- und Arbeitsphilosophie geworden. Stefan ist passionierter Segler und seit seiner Kindheit in Technik und das Meer verliebt.

Das Kind eines brasilianischen Vaters und einer deutschen Mutter wurde 1967 in Deutschland geboren und machte schon kurz darauf auf seine erste Bekanntschaft mit den Weltmeeren. „Es ging von Genua per Schiff nach Brasilien. Während der zweiwöchigen Überfahrt auf dem Atlantik feierte ich meinen ersten Geburtstag und lernte auf dem Schiffsdeck das Laufen“, sagt er. „Das muss einen doch seefahrerisch prägen“, fügt er mit einem Augenzwinkern hinzu.

Stefan wuchs im Vale Europeu, dem „Europäischen Tal“, im Süden Brasiliens auf. Hier lebten schon seit dem 19. Jahrhundert bevorzugt Einwanderer vor allem aus Deutschland und Italien – ein multikultureller Hotspot mit nahegelegenen Traumstränden und vielen Segelbooten, die den Träumen und der Sehnsucht des Kindes nach dem großen weiten Meer und Reisen in die Welt die Richtung wiesen.

Als Jugendlicher ist Stefan an allem interessiert, was zur eigenen Freiheit und Unabhängigkeit beiträgt. Dazu gehört für ihn beim Segeln das Navigieren nach den Sternen und die Orientierung mit dem Kompass. An Land lernt er als Pfadfinder, wie man seinen eigenen Rucksack packt und trägt, sein Zelt in der Wildnis aufbaut, Feuer macht und mit nur wenigen Zutaten sein Essen zubereitet. „Das war nicht nur ein Abenteuer, sondern Lernen fürs Leben“, wie er heute weiß.

Nach Abschluss des E-Technik-Studiums mit Schwerpunkt Stromerzeugung und -verteilung war für ihn die Zeit gekommen, einen seiner lang gehegten Träume zu verwirklichen. Er machte sich auf den Weg in sein Geburtsland Deutschland, um mehr über seine Wurzeln zu erfahren, aber auch um weiterführende Kenntnisse in den immer mehr gefragten Bereichen Industrieautomation und Robotik zu erwerben.

„Ich habe EDAG vor 24 Jahren bei einem Projekt in Brüssel kennengelernt, wo ich damals als Programmierer von Industrieroboter in einer Automobil-Karosseriefabrik beschäftigt war. Die Anlage war von EDAG Ingenieuren geplant und konstruiert worden. Die Einladung, Mitglied dieses wunderbaren Teams zu werden, habe ich gerne und mit großer Begeisterung angenommen.”

In der Abteilung Prozesssimulation in Fulda lernte Stefan im Bereich Manufacturing Engineering, heute EDAG Production Solutions, das Modellieren und Arbeiten in der virtuellen 3D-Welt. Er konnte dabei sein Wissen gleich in der realen Fabrik anwenden, um dort neue Produktionslinien mit mehr Geschwindigkeit, Effizienz und Qualität zu entwickeln. „Das war für mich ein Aufbruch zu vollkommen neuen Horizonten. Extrem spannend und herausfordernd.“

Der familiäre Kennenlerntrip nach Deutschland dehnte sich so über 13 Jahre. 2004 sollte Stefan für zwei Jahre den Aufbau und die Entwicklung von EDAG Shanghai begleiten. Es wurden acht Jahre daraus. „Eine tolle Erfahrung. Ich arbeitete von dort aus in mehreren Projekten in Asien und schulte viele chinesische Kollegen in den Bereichen Simulation, Robotik und Fertigungsprozessen wie Laserschweißen, Rollfalzen und vielen anderen Verfahren.”

Und wo blieb da die Sehnsucht nach dem Meer? „Ich habe während meiner Zeit im Ausland mehrere Länder in Europa, Afrika und Asien besucht, darunter auch einige in Ozeanien. Ich wollte unterschiedliche  Kulturen und die so verletzliche Schönheit unseres Planeten genauer kennenlernen“, sagt er. Unterwegs habe er dabei viele Tage auch auf Charterbooten verbracht und unter Anleitung erfahrener Skipper erste praktische Erfahrungen im Hochseesegeln sammeln können. „Ich war 40 Jahre alt, als mein Traum, ein Schiff mit Windkraft über die Meere zu steuern, Wirklichkeit wurde”, sagt er.

„Segeln ist für mich mehr als nur ein Hobby oder Spaß. Es steht für eine Lebensweise und eine innere Haltung. Es bedeutet für mich, dass ich mich lebendig, autonom und frei fühle, in tiefer Verbundenheit mit der Natur, mit Verantwortung und Respekt. Es schärft das eigene Bewusstsein für Nachhaltigkeit und die Verwundbarkeit unseres wunderbaren Planeten und dessen Leben darauf.” Und nicht zuletzt steht Segeln für Stefan für die Tugenden der „Seemannschaft“, die geprägt sei von Führungsverantwortung, Toleranz und wertschätzendem Miteinander. „Auf See wie auch im Unternehmen muss man sich unbedingt aufeinander verlassen können.“

Nach 14 Jahren als EDAG-Globetrotter kehrte Stefan schließlich in das Land zurück, in dem seine Eltern, seine drei Brüder und deren Familien leben. Seit zehn Jahren verantwortet er das Team Production Solutions bei EDAG do Brasil in São Bernardo do Campo im Bundesstaat São Paulo. „In der Welt des Segelns habe ich viele technische und menschliche Aspekte des Lebens kennengelernt, die ich jeden Tag ganz konkret im beruflichen Umfeld anwenden kann”, stellt Stefan fest. Theoretisches und praktisches technisches Wissen verbinden sich hier neben vielen anderen Aspekten mit den erforderlichen Planungs- und Organisationsfähigkeiten, Risikoanalyse, Sicherheitseinstellungen, effektiver Kommunikation, Konfliktmanagement, Disziplin, Menschenführung, Teamfähigkeit, Ausdauer, körperliche und geistige Gesundheitsfürsorge.

Dass die Winde für diese nach vorne weisende Verbindung von EDAG Kompetenzen mit Stefans maritimen Sehnsüchten auch künftig günstig stehen, zeigt ein Blick auf die Landkarte: Brasilien hat eine südatlantische Küstenlinie, die sich über rund 8.000 Kilometer erstreckt. Viel Platz für große Segelträume.

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